Rückenprobleme – Rittigkeitsprobleme

Rückenprobleme – Rittigkeitsprobleme
-Krankheiten der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie der Muskulatur-

 
„Rückenprobleme“ stellen eine häufige orthopädische Erkrankung des Pferdes dar und kommen bei allen Pferderassen disziplinenübergreifend und altersunabhängig vor. Der Rücken des Pferdes stellt die natürliche Verbindung und Balance zwischen der Vorder- und Hintergliedmaße dar und ist unter dem Sattel erhöhter Belastung ausgesetzt. Klinische Symptome rückenkranker Pferde sind sehr unterschiedlich und beginnen oft mit dem Verlust der Leistungsfähigkeit.

Folgende Anzeichen können auf Rückenprobleme Ihres Pferdes hindeuten:

  • Leistungsabfall (generelle Ermüdung, fehlender Vorwärtsdrang bis hin zur Triebigkeit, Unwilligkeit bei der Arbeit, lange Aufwärmphasen im Training, Muskelatrophie/ schlecht ausgeprägte Muskulatur der Oberlinie)
  • Widersetzlichkeit (Sattel- und Gurtzwang, Steigen, Buckeln, Durchgehen, Verweigern am Sprung)
  • Verspannung (Steifheit, schlechte Biegung und Stellung, Wegdrücken des Rückens, Probleme bei der Durchlässigkeit)
  • Anlehnungsproblem (Kopfschlagen, auf das Gebiss legen, Zügel aus der Hand ziehen)
  • Gestörte Mechanik (Taktfehler, „Rolle“ im Tölt, Passtölt, wenig Raumgriff, Probleme bei Lektionen, häufiges Stolpern, Ausfallen im Galopp, kurzer, gebundener, schwungloser Gang, fehlender Schub aus der Hinterhand, Umspringen in den Kreuzgalopp)

Ursächlich für „Rückenprobleme“ beim Pferd können sein:

  1. Primäre Rückenprobleme:
  • Angeborene Fehlbildungen der Wirbelsäule (z.B. Lordose (Senkrücken))
  • Schäden am Bandapparat
  • Muskelschäden (z.B. belastungsbedingte Myopathien (Kreuzverschlag, Tying up), Polysaccharidspeichermyopathie (Typ-1-PSSM und Typ-2-PSSM), Hyperkaliämische periodische Paralyse (HYPP), Muskelentzündung)
  • Hautläsionen (z.B. Satteldruck)
  • Knöcherne Veränderungen der Wirbel (z.B. Spondylose, Arthrose der kleinen Wirbelgelenke, Kissing Spines, Frakturen)
  • Subluxation des Kreuz-Darmbein-Gelenks
  • Trauma (z.B. Sturz, Hängenbleiben an einem Hindernis, Festliegen oder Besteigen durch andere Pferde)
  • Reiterfehler (schlechter Sitz, unpassende Einwirkung, zu schwerer Reiter!)
  • Ausbildungs- und Trainingsfehler (einseitiges Training, zu geringe Aufwärmphase, fehlende Gymnastizierung, fehlende Dehnung und Aufwölbung des Rückens im Training)
  • Schlecht passende Sättel, Zaumzeuge und Gebisse
  1. Sekundäre Rückenprobleme:
  • Erkrankungen der Mundhöhle, Zahnleiden
  • Wachstumsstörungen
  • Erkrankung der Gliedmaßen
  • Insertionsdesmopathien (Bandansatzentzündung) am Nackenband
  • Internistische Ursachen (z.B. Magenschleimhautreizungen, temporäre Verengung der oberen Atemwege, Nieren- und Lebererkrankungen)
  • Gynäkologische Ursachen (z.B. Erkrankungen an Eierstöcken und Gebärmutter)

Jede dieser möglichen Ursachen für Rückenprobleme/ Rittigkeitsprobleme ist unterschiedlich und wird individuell betrachtet. Das Erkennen oder das Ausschließen medizinischer Ursachen ist dabei ein wichtiger Teil der Tätigkeit unserer Praxis und liegt uns ganz besonders am Herzen.

Orthopädische Untersuchung und weiterführende Diagnostik

 
Zu Beginn einer orthopädischen Untersuchung erfolgt im Gespräch mit Ihnen als Pferdebesitzer eine ausführliche Erfassung des Vorberichtes sowie eine umfassende Anamnese des Bewegungsablaufes und Rittigkeitsprobleme.

Nun folgt die Adspektion und Palpation des Bewegungsapparates. Hierbei legen wir besonderes Augenmerk auf mögliche Verformungen der Wirbelsäule sowie Asymmetrien, Schwellungen und vermehrte Wärme der umgebenen Muskulatur. Mögliche Schmerzen können durch die Palpation der Dornfortsätze oder der langen Rückenmuskeln erkannt werden. Die Pferde reagieren auf diese Manipulation häufig mit Wegdrücken des Rückens, Ausweichen zur Seite oder in extremen Fällen sogar mit Abwehrbewegungen wie Beißen oder Treten (Ausschlagen).
Anschließend überprüfen wir die Beweglichkeit der Wirbelgelenke an Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule, des Lumbosacralgelenkes sowie die Dehnungs- und Biegungsbereitschaft Ihres Pferdes. Neben der adspektorischen und palpatorischen Untersuchung in Ruhe gehört zur Diagnosefindung auch die Untersuchung Ihres Pferdes in Bewegung an der Hand, der Longe und ggf. unter dem Reiter.

Die Diagnosesicherung bei Rückenproblemen basiert grundlegend auf den Befunden der klinisch-orthopädischen Untersuchung.

Zur weiteren diagnostischen Abklärung von Rückenproblemen beim Pferd stehen uns in unserer Praxis folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Digitales Röntgen: Radiologische Untersuchungen stellen in der Orthopädie ein unabdingbares Diagnostikum dar und werden vor allem zur Detektion von knöchernen Veränderungen eingesetzt. Im Rahmen der orthopädischen Untersuchung rückenkranker Pferde werden insbesondere die Dornfortsätze, die Wirbelkörper und kleinen Wirbelgelenke röntgenologisch auf mögliche pathologische Veränderungen untersucht.
  • Sonographie: Die ultrasonographische Untersuchung ist das Standarddiagnostikum für Erkrankungen im Weichteilbereich, wie z.B.:
    Muskel- und Sehnenschäden: Mittels der Sonographie von Muskulatur, Sehnen und Bändern können selbst kleine Läsionen/ Defekte lokalisiert und deren Ausmaß bestimmt werden. Diese Befunde – stets mit den klinischen Befunden in Zusammenhang gesetzt – erlauben die Erstellung einer Prognose und einen speziell darauf ausgerichteten Therapieplan. Auch die Kontrolle des Heilungsverlaufes erfolgt in regelmässigen Abständen während der Rekonvaleszenzphase mittels Sonographie.
  • Laboruntersuchung:
    Untersuchung von Blutproben: Die Untersuchung von Blutproben liefert uns bei muskulär bedingten Rückenproblemen Hinweise auf Myopathien (z.B. beim Kreuzverschlag durch erhöhte Muskelenzymaktivitäten, Verschiebungen im Elektrolythaushalt sowie einer Erhöhung des Hämatokrits). Ebenso besteht die Möglichkeit, genetische Tests auf Typ-1-PSSM (nicht für Typ-2-PSSM!), HYPP usw. durchzuführen.
    Biopsieentnahme: Durch die Entnahme einer Muskelbiopsie unter Lokalanästhesie lassen sich genetisch bedingte Myopathien, wie z.B. Typ-2-PSSM identifizieren.

Neben der oben beschriebenen Diagnostik der möglichen (primären) Rückenerkrankungen mittels digitalem Röntgen, Sonographie und Labordiagnostik, werden auch mögliche Differentialdiagnosen nicht außer Acht gelassen:

  • Bei Stuten kann das Vorliegen von Erkrankungen der Eierstöcke und Gebärmutter (z.B. Ovartumor) mit Hilfe eines gynäkologischen Ultraschalls und der Überprüfung des Hormonstatus ausgeschlossen werden.
  • Patienten mit Zahnproblemen stehen wir zur Abklärung des Zahnstatus sowie der Diagnostik und Therapie zur Verfügung.
  • Ebenfalls unterstützen wir unsere Patienten für die Abklärung internistischer Ursachen (z.B. bei Erkrankungen der Leber, der Niere, des Magens und des Atemwegstraktes) mittels unserer weiterführenden Diagnostik, wie z.B. Videoendoskopie, Sonographie, digitalem Röntgen und praxisinternem Sofortlabor.
Therapie bei Rückenerkrankungen

 
Mögliche Therapien sind so vielfältig, wie die Ursachen!
Doch in erster Linie müssen sie die Beseitigung der Ursache zur Folge haben!

Egal, ob das Pferd Muskelverspannungen, Entzündungen oder Kissing Spines hat: Es ist essentiell, das Pferd zunächst schmerzfrei zu bekommen! Denn ein Pferd mit Rückenschmerzen verspannt sich und benutzt seine Rückenmuskeln nicht, was zu einem weiteren Muskelschwund führt und das bestehende Rückenproblem verstärkt. Hier greift die konservative Therapie!

Mittels entzündungshemmender und muskelentspannender Medikamente soll die nötige Schmerzlinderung zügig herbeigeführt werden. Ebenfalls können Zusatzfuttermittel zur Unterstützung des Muskelstoffwechsels eingesetzt werden.

Bestehen die Rückenschmerzen allerdings über längere Zeit, bedarf es in aller Regel zusätzlich einer Rückenbehandlung. Besonders erfolgreich ist die paravertebrale (neben dem Wirbel liegend) Injektionsbehandlung (Rückeninfiltration) mit verschiedenen entzündungshemmenden und muskelrelaxierenden Medikamenten, welche in Sedation im Bereich der Rückenmuskulatur appliziert werden. Die meisten Pferde sprechen sehr schnell auf diese Behandlung an und gelangen zügig wieder zu guter Lebensqualität zurück. Erst, wenn das Pferd schmerzfrei ist, kann mit entsprechenden Aufbauübungen/ Bewegungsprogrammen gestartet werden. – Denn das Wichtigste ist eine gut trainierte Rückenmuskulatur, sie hilft die Wirbelsäule zu stabilisieren und einen Rückfall zu verhindern.

Die komplementär medizinische Herangehensweise wie etwa der Einsatz der Akupunktur, Physiotherapie oder Osteopathie werden erfolgreich präventiv und kurativ ergänzend eingesetzt.

Sprechen Sie uns an – wir beraten Sie gerne!

Was können Pferdebesitzer gegen Rückenprobleme beim Pferd tun?

 

  • Nehmen Sie die Haltungsbedingungen Ihres Pferdes kritisch unter die Lupe. Pferde sind Lauftiere! – Je länger und intensiver sich Ihr Pferd frei bewegen kann, desto schneller können sich eventuelle Verspannungen im Rücken lösen und sich Muskulatur aufbauen.
  • Halten Sie sich bitte strikt an das vereinbarte Trainingsprogramm, um die Rückenmuskulatur gezielt zu aktivieren. Das Ziel ist ein losgelassener, schwingender Rücken.
  • Achten Sie (vor allem in der kalten Jahreszeit) darauf, dass der Rücken Ihres Pferdes vor der täglichen Arbeit ausreichend aufgewärmt wurde! Decken Sie betroffene Pferde ein und/ oder wärmen Sie den Rücken durch Solariumbesuche vor der Trainingsarbeit gut auf!
  • Nehmen Sie sich genügend Zeit für die Aufwärmphase und arbeiten Sie Ihr Pferd regelmäßig vorwärts-abwärts.
  • Lassen Sie die Passform Ihres Sattels regelmäßig (ca. alle 6 – 12 Monate) kontrollieren und ggf. anpassen!
  • Achten Sie auf ein maximal 8-wöchiges Beschlagsintervall sowie eine korrekte Hufbearbeitung!
  • Stellen Sie Ihr Pferd regelmäßig (ca. alle 6 – 12 Monate) zur Zahnkontrolle vor
  • Hinterfragen Sie regelmäßig Ihre eigene körperliche Fitness und Statur im Bezug zu Körpergröße, Bemuskelung und Gesundheitszustand Ihres Pferdes (-> Pferde sind keine Gewichtsträger!)
  • Seien Sie fair zu Ihrem Pferd! Analysieren Sie Ihre eigenen „Reitkünste“ objektiv und holen Sie sich unbedingt professionelle Hilfe, wenn Sie alleine nicht die erforderliche Losgelassenheit erreichen!

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